Am Samstag, 12.9.2020 in Erfurt, startet für unsere Bundesliga Blindenfußballer*innen mit dem Auftaktspiel gegen Borussia Dortmund die neue Bundesliga Saison.
Nach einer langen Trainingsphase, die anfangs noch durch Kontaktverbot bestimmt war, geht es endlich in die Wettkampfspiele. Verteidigungsarbeit mit Schwimmnudel, als Distanzierungswerkzeug in der Trainingsarbeit, war ungewohnt und ist und bleibt jetzt hoffentlich Vergangenheit.
Das Team freut sich nun, auf die endlich beginnende sehr kompakte Spielzeit. Ende Oktober steht der neue deutsche Meister dann bereits fest, und das Ziel ist, gemeinsam die 2. Glasscheibe beim Finalspieltag in Magdeburg in die Höhe stemmen zu können.
Durch die Pandemie präventiven Beschränkungen, konnten in der Vorbereitung nicht, wie sonst üblich, internationale Blindenfußball-Teams als Sparringspartner eingeladen oder besucht werden.
Die heiße wettkampfvorbereitende Trainingsphase wurde daher durch ein internes Trainingslager in Hamburg eingeläutet, mit dem Spiel FC St. Pauli braun gegen FC St. Pauli weiß.
Phantastisch ist es, solch ein vollformatiges, schnelles und packendes, Blindenfußballspiel im Training mit den eigenen Spieler*innen erleben zu können, noch dazu, wenn der neue Trikotsponsor, die DKB Bank, eigens ein professionelles Film-Team [Rostock Rotates] eingeladen hat, um Spiel-Szenen für den Partnerschaft begleitenden Film einzufangen.
Krass, dass sich ein „Dickschiff“ des Spitzen-Sport-Sponsorings, wie die DKB, für die Blindenfußballer*innen des FC St. Pauli interessiert, um als Partner die vielfältige Arbeit für Blindenfußball in Hamburg zu unterstützen. Das ist eine feine Anerkennung.
Serdal Celebi hofft, dass dieses Beispiel Schule machen könnte und andere Blindenfußball-Teams auch das Interesse von Sponsoren/Partnern auf sich ziehen.
Die paralympische Sportart Blindenfußball hat sich in den 16 Jahren ihrer Existenz in Deutschland gut entwickelt. Früher mussten die Schiedsrichter den Ball, auch in Wettkampfspielen noch häufig anticken, um ihn wieder für die Spieler wahrnehmbar, hörbar zu machen, weil der Ball auf dem Spielfeld liegen blieb, ohne dass ein Spieler ihn erreichte. Diese Schiedsrichterhilfe ist in Ligaspielen nun sehr selten geworden und zeigt, dass die allgemeine Spielqualität deutlich zugenommen hat.
Das schnellere und dynamischere Blindenfußball-Wettkampfspiel ist für Neueinsteiger*Innen aber auch schwerer zugänglich geworden. Früher konnten junge, talentierte Spieler*Innen, sehr jung in der Liga debütieren. Heute ist das nicht mehr so einfach möglich. Das ist eine Schwierigkeit, die durch niederschwellige Wettkämpfe auch auf regionalen Ebenen und auch durch frühe Talentförderungen überwunden werden kann. Beides werden die maßgeblichen Aufgaben des Blindenfußballs in den nächsten Jahren sein.
Zurück im hier und jetzt, stehen wir kurz vor dem Ligastart und blicken auf die zwei letzten Trainingsspiele zurück, die wir beide verloren haben. Das waren Spiele, in denen wir den Gegnerdruck und das gegnerische Tempo absichtlich extrem hoch gehalten haben. Sowohl die Herrenfußballer als auch die 4. Herren der Handballer des FC St. Pauli spielten mit einem „sehenden“ 4er Team gegen unsere verdunkelten Blindenfußballer*Innen. Kleine Provokationsregeln, wie blindenfußballgemäßes Dribbling auch für die „Sehenden-Teams“ ermöglichten realistische und temporeiche Spiele. Jetzt sind wir sind sehr gut vorbereitet, haben hart trainiert und die Erkenntnis gewonnen, dass Inklusion im Blindenfußballsport auch eine stark spitzensportförderliche Komponente besitzt. Immer wieder bietet Blindenfußball neue Erkenntnisse.
Schön wäre es, am Ende der kurzen Saison sagen zu können: „Im Osten nichts Neues.“ Denn 2017 konnten wir in Halle/Saale zum ersten Mal die Meisterschale gewinnen. Am 24. Oktober findet das Finale der DBFL in Magdeburg statt.
Unterstützt Blindenfußball, wenn und wo immer Ihr könnt, macht mit.
Forza: “St. Pauli!“
Wolf Schmidt
Fotos: Stefan Groenveld